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(Keine) Entwicklungsgelder für eine summende Zukunft?

Bei der UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Sevilla wurde viel über Geld geredet, doch wenig beschlossen. Warum das weder dem Klima noch den Bienen hilft.

Wie lässt sich globale Gerechtigkeit finanzieren – in einer Welt, in der Schulden wachsen, das Klima kippt und das Artensterben voranschreitet? Diese Fragen bestimmten Ende Juni die 4. UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung (FfD4) im spanischen Sevilla. 12.000 Delegierte aus fast allen Ländern der Welt berieten dort über neue Wege, um die UN-Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, darunter auch der Schutz der Biodiversität.

Delegierte FfD4 Konferenz
Etwa 12.000 Vertreter:innen aus Politik und internationalen Organisationen kamen auf der FfD4-Konferenz in Sevilla zusammen. Darunter António Guterres (Mitte), Generalsekretär der Vereinten Nationen. Foto: Elisa Kautzky

„Klimawandel und Artenverlust sind keine getrennten Krisen – sie hängen eng zusammen und verstärken sich gegenseitig“, sagt Christian Bourgeois, Initiator des Bildungsprojekts Bienenretter. Für ihn ist klar: Ohne faire Finanzierungsmechanismen bleibt auch der Schutz von Bestäubern wie Wildbienen und Biodiversität auf der Strecke.

„Deutschland profitiert in mehrfacher Hinsicht von noch weitgehend intakten Ökosystemen in Ländern des Globalen Südens. So stammt auch der Honig, der preisgünstig in den deutschen Supermarktregalen steht, fast ausschließlich aus Ländern des Globalen Südens.“

FfD4: Financing for Development

FfD steht für Financing for Development, also: Geld für Entwicklung. Es ist die 4. Internationale Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung der Vereinten Nationen. Ein großes Treffen, bei dem Regierungen, NGOs und Expert:innen beraten, wie nachhaltige Entwicklung weltweit bezahlt werden kann. Die letzte fand vor zehn Jahren statt.

In Sevilla wurde deutlich: Ohne faire Finanzierungslösungen bleibt die doppelte Krise ungelöst. Die Klimafinanzierung, so trocken der Begriff klingt, ist eigentlich eine Lebensversicherung – für Mensch, Natur und Umwelt. Sie ermöglicht Ländern des Globalen Südens, nicht nur den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern, sondern auch ihre natürlichen Lebensräume zu erhalten.

Klimawandel als Treiber für das Artensterben

Trockener Boden
Foto: Pexels.

Schon jetzt verlieren viele Regionen der Welt ihre Artenvielfalt in einem dramatischen Tempo. Extremwetterereignisse, steigende Temperaturen und veränderte Niederschläge lassen Blühzeiten durcheinandergeraten – mit fatalen Folgen für bestäubende Insekten. „Die Lebensgrundlagen von Bestäubern schrumpfen“, sagt Bourgeois. 

Gerade Wildbienen reagieren empfindlich auf Temperaturschwankungen und Trockenperioden und viele von ihnen sind auf ganz bestimmte Pflanzen spezialisiert. Wenn sie verschwinden, verschwinden auch die Bienen. “Klimawandel und Biodiversitätsverlust sind eng miteinander verknüpft, da beide durch menschliche Aktivitäten beeinflusst werden und sich gegenseitig verstärken”, sagt Bourgeois. Die Klimakrise führt zu Biodiversitätsverlust, und der Verlust der Artenvielfalt wiederum beeinflusst das Klima.


Artenreiche Ökosysteme hingegen sind widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Veränderungen. Moore, Wälder und blühende Wiesen speichern CO₂, regulieren Mikroklimata und bremsen Bodenerosion.

Für Christian Bourgeois spielt die Klimafinanzierung deshalb auch eine wichtige Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise und des Biodiversitätsverlustes: “Indem sie sowohl Maßnahmen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen als auch zur Erhaltung der Biodiversität unterstützt.” 

Doch noch fließt das meiste Geld in Großprojekte: in Solaranlagen, Staudämme oder Entsalzungsanlagen. Oft unter Bedingungen, die kaum Rücksicht auf lokale Ökosysteme nehmen. Vorschläge von der Zivilgesellschaft konnten nicht in das Abschlussdokument integriert werden, weil die Verhandlungen bereits vor der Konferenz abgeschlossen waren.

Das Versprechen von Sevilla

Das Abschlussdokument, der Compromiso de Sevilla, ist ein gegenseitiges Versprechen der Staaten, aber in keiner Hinsicht rechtlich bindend. Der Text betont die Notwendigkeit, Klima- und Umweltfinanzierung gemeinsam zu denken. 

Gleichzeitig warnt das Dokument vor der wachsenden Finanzierungslücke: „Wir bleiben bei der Bewältigung des Klimawandels und des Biodiversitätsverlusts hinter unseren Zielen zurück. Die Kluft zwischen unseren Nachhaltigkeitszielen und den zur Umsetzung notwendigen Mitteln vergrößert sich weiter – insbesondere in den Entwicklungsländern.“ Der geschätzte Fehlbetrag beläuft sich inzwischen auf rund 4 Billionen US-Dollar pro Jahr.

Schulden
Foto: Pexels.

Die globale Schuldenkrise droht nicht nur soziale Entwicklung, sondern auch wirksamen Klimaschutz und den Erhalt der Biodiversität zu blockieren. Obwohl Industrieländer Klimafinanzierung versprechen, erfolgt diese in der Regel in Form von Krediten. Und das oft mit hohen Zinsen, weil Klimarisiken und politische Instabilität eingepreist werden”, geben Aktivisten zu bedenken. Das führt dazu, dass Entwicklungsländer Kredite aufnehmen müssen, um sich gegen die Schäden zu schützen, die vor allem der Globale Norden verursacht hat.

Aktivist:innen forderten deshalb einen bedingungslosen Schuldenerlass für Länder des Globalen Südens. Viele dieser Staaten zahlen inzwischen mehr für den Schuldendienst als für Bildung, Gesundheit oder Umweltmaßnahmen. 


Entwicklungsländer traten mit dem klaren Ziel an, eine völkerrechtlich verbindliche UN-Schuldenkonvention zu verhandeln, die faire und transparente Umschuldungsverfahren ermöglichen würde. Doch dieses Vorhaben wurde von Industriestaaten – darunter auch Deutschland und die EU – aktiv blockiert.

Auch konkrete finanzielle Zusagen oder verbindliche Mechanismen enthält das Abschlussdokument nicht. Schuldentauschprogramme für Klima- oder Biodiversitätsprojekte – sogenannte Debt Swaps – die auf der Konferenz stattdessen vorgeschlagen wurden, scheinen aber in der Praxis oft intransparent und ineffizient zu sein.

Dennoch ist es in Zeiten geopolitischer Spannungen und multipler Krisen zumindest ein Erfolg, dass sich die Staatengemeinschaft, ohne Beteiligung der USA, auf ein gemeinsames Dokument einigen konnte, das Klima- und Biodiversitätsfinanzierung zumindest gemeinsam adressiert. Erstmals wird anerkannt, dass Investitionen in Klimaresilienz und Naturschutz langfristige wirtschaftliche Stabilität schaffen können, auch wenn konkrete Umsetzungsschritte noch ausstehen.

Artikel: Elisa Kautzky