Bienensterben - Bienen in Not, oder doch nicht?

Seit 2007 wird in den Medien über das „Bienensterben“ berichtet. Zuerst denkt man an die Honigbienen und das führt schnell zu falschen Vorstellungen. Warum gibt es überhaupt diese ganz besondere Beziehung Mensch und Biene? Warum sind Bienen so unersetzlich für uns? Ist das Bienensterben gar ein Fake? Es lohnt sich genauer hinzuschauen, denn leider wird das Bienenthema gerne missbraucht.

Biene und Mensch: eine lange Geschichte

Seit Beginn der Zivilisation hat die Honigbiene die Neugier der Menschen geweckt. Vor vermutlich rund 100 Millionen Jahren wurde diesem kleinen bescheidenen Insekt besondere Bedeutung zuteil. Es wurde zum Symbol für viele Dinge wie Sinnbild der menschlichen Seele, Fleiß, Kreativität, Kooperation und süßes Geschenk der Natur. Bienengötter wurden von Mayas, Hindus, Sumerer und den alten Griechen, die ihre Priesterinnen als "Melissa" (Bienen) bezeichneten, verehrt. Die Bibel erzählt vom verheißenen "Land, in dem Milch und Honig fließen".

Honigbienenwabe
Der Fleiß der Honigbienen ist sprichwörtlich.

Honigtopf
Bienenerzeugnisse werden seit Jahrtausenden geschätzt.

Mit dem Beginn des Ackerbaus und der Viehhaltung durch den Menschen beginnt ein enges Miteinander zwischen Mensch und Biene. Auf den bunten Wiesen gerodeter Weiden fanden Bienen gute Bedingungen. Tontöpfe mit einer Wachsschicht ausgekleidet, erleichterten den Menschen die Vorratshaltung. Erstmals erlebte die Bienenzucht eine Blüte in Ägypten: vor etwa 4.500 Jahren, als Propolis für die Einbalsamierung der Toten gebraucht wurde. Die alten Griechen erkannten bereits die Heilkräfte von Honig und Propolis. Und unter Karl dem Großen wurde das Wachs zum Erhellen von Kirchen wertvoll. Honiggewinnung erlebte im 19. Jahrhundert eine Hochzeit in Europa. Honig diente lange Zeit als einziges bekanntes Süßungsmittel und als Medizin, denn Honig enthält anti-bakterielle, anti-virale und Anti-Pilz Substanzen. Lange Zeit vergessen, erleben Bienenprodukte aktuell ein Revival auch in der Forschung.


Warum sind Bienen so wichtig?

Damals wie heute spielen Bienen eine entscheidende Rolle in unseren Ökosystemen. Wusstest Du, dass 80 % der heimischen Kultur- und Wildpflanzen Bestäubung durch Bienen abhängig sind? Ein Drittel von allem, was wir Essen, ist abhängig von Bienenbestäubung. In unseren Supermärkten wären zwei von drei Regalen leer, wenn es keine Bienen gäbe. Wild- und Honigbienen tragen durch ihre Schlüsselrolle zur Erhaltung der Artenvielfalt (Biodiversität) bei, weshalb ihr Rückgang in den letzten Jahren zu einem alarmierenden Umweltthema wurde. Der Weltbiodiversitätsrat sieht eine Bedrohung für die Ernährungssicherheit der Menschheit.

Hummel an einer Apfelblüte
Bestäubung ist die unersetzbare Schlüsselrolle im Ökosystem.

Äpfel am Baum
Bienenbestäubtes Obst und Gemüse ist unser Vitaminlieferant.

Warum ist das wichtig für uns?

Obst wie Erdbeeren, Heidelbeeren, Brombeeren, Himbeeren, Birnen, Äpfel, Kirschen und Pfirsiche ist besonders abhängig von der Arbeit der Bienen. Gemüse wird, je nach Art, nur von Bienen bestäubt. Beispiels sind Gurken, Kürbis, Erbsen und Bohnen. Bei Tomaten, Paprika und Auberginen entsteht eine schlechte Qualität, wenn die Bienen wegbleiben. Tiere, wie etwa Vögel, sind auf Bienen angewiesen. Nur wenn Pflanzen bestäubt werden, gibt es genug Samen und Beeren, von denen sich Vögel ernähren können. Auch der Honig selbst könnte uns Deutschen – den Weltmeistern im Honigessen – ausgehen, denn wir decken schätzungsweise nur noch ein Fünftel unseres Verbrauchs. Würde die Biene von der Erde verschwinden, wäre dies mit Sicherheit eine Katastrophe für den Menschen.

 


Was sind die Ursachen des Bienensterbens?

Wissenschaftler haben bisher nur einen Teil der möglichen Ursachen für den Rückgang der Bienenpopulationen identifiziert. Vermutlich spielen viele Faktoren und die Wechselwirkung dieser Faktoren dabei eine Rolle wie:

  1. Verlust von natürlichen Lebensräumen: Die zunehmende Intensivierung der Landwirtschaft und die Urbanisierung führen zur Zerstörung von Lebensräumen für Bienen. Die Entfernung von Blühflächen, die Rodung von Wäldern und der Verlust von Wildblumenwiesen verringern die Nahrungsquellen und Nistmöglichkeiten für Bienen.

  2. Pestizide: Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft, insbesondere von Neonicotinoiden, hat nachgewiesenermaßen negative Auswirkungen auf Bienen. Diese Chemikalien können Bienen schädigen, ihr Nervensystem beeinträchtigen, ihr Immunsystem schwächen und ihre Orientierungsfähigkeit sowie ihre Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigen.

  3. Parasiten und Krankheiten: Die Varroa-Milbe ist eine der größten Bedrohungen für Honigbienenvölker. Sie schwächt die Bienen und überträgt auch Viren, die zu erheblichen Schäden führen können. Durch ein geschwächtes Immunsystem können vermehrt Bienenkrankheiten und Seuchen sowie bestimmte Pilzinfektionen Bienenpopulationen dezimieren.

  4. Klimawandel: Veränderte Wetterbedingungen, wie längere Trockenperioden oder extreme Wetterereignisse, können die Verfügbarkeit von Nahrung und Nistplätzen für Bienen beeinflussen. Die Synchronisation zwischen Schlupf von Wildbienenart und der Blüte der spezifischen Pflanzenart, auf die die Bienenart angewiesen ist, fallen durch die Verschiebung der Jahreszeiten auseinander. Aber auch die Verbreitungsgebiete ihrer Nahrungspflanzen können sich geografisch verschieben.

  5. Monokulturen und intensive Landwirtschaft: Die Ausdehnung von Monokulturen und die intensive Landwirtschaft reduzieren die Vielfalt der Pflanzenarten und damit das Nahrungsangebot für Bienen. Zudem können insbesondere Insektizide, Herbizide und chemische Düngemittel negative Auswirkungen auf Bienen haben.

  6. Zucht und genetische Verarmung: Bei der Zucht von Honigbienen wurden bestimmte Eigenschaften wie hohe Honigproduktion und Sanftmütigkeit priorisiert. Dies führte zu einer genetischen Verarmung der Honigbienenpopulationen und einer Verringerung der genetischen Vielfalt. Eine verringerte genetische Vielfalt macht Bienen anfälliger für Krankheiten und Umweltveränderungen.

  7. Gegenseitige Verstärkung und Umweltbelastungen: Es ist wichtig zu beachten, dass der Rückgang von Bienenpopulationen ein komplexes Problem ist, das durch eine Kombination von Faktoren erst ausgelöst oder verstärkt werden kann. Zudem stehen eine ganze Reihe von Umweltbelastungen, vorwiegend durch den Eintrag von Schadstoffen aus Industrie und Verkehr. So können Dieselabgase die Orientierungsfähigkeit von Bienen beeinträchtigen. Die Bienen finden beispielsweise nicht mehr zum Nest zurück.

 


Gibt es das Bienensterben wirklich?

In der Presse ist manchmal zu lesen, dass es gar kein "Bienensterben" gäbe. Der Begriff wurde von den Medien geprägt und kommt nicht aus der Wissenschaft. Er ist leider ungenau und ohne allgemeingültige Definition. "Bienensterben" wird in den Medien oft für ganz unterschiedliche Phänomene gebraucht. Die Situation der Bienen ist aber vielschichtig und je nach Art sehr unterschiedlich. In Europa wird oft der Rückgang der Wildbienenpopulation gemeint. In Nordamerika steht er oft als Synonym für das "Colony Collapse Disorder (CCD)", ein Phänomen, das das plötzliche Verschwinden und den Zusammenbruch von Honigbienenvölkern beschreibt. Beim CCD verlassen die erwachsenen Bienen das Bienenstock, lassen jedoch die Königin und einige junge Bienen zurück. Das Volk stirb kurz darauf.

Maisfeld
Ausgeräumte Landschaften bieten Bienen keinen Lebensraum

Honigbienenvölker im Winter
Honigbienen sind geschwächt und leiden unter Verlusten.

Wie geht's den Honigbienen?

Bedeutende Verluste sowie eine Schwächung durch eingeschleppte Parasiten und Viren machen Honigbienen zu schaffen. Durch ihr soziales Zusammenleben können sie zwar Verluste innerhalb eines Volkes teils kompensieren. In den letzten 20 Jahren beklagen Imker in vielen Ländern hohe Völkerverluste im Winter. Pestizide scheinen eine große Rolle zu spielen. In Europa gibt es quasi keine wildlebenden Honigbienenvölker mehr. Ihr Bestand wird ebenfalls dadurch bestimmt, ob sich Menschen für Bienenhaltung in der Imkerei engagieren. Die Anzahl der gemeldeten Honigbienenvölker ist laut Deutschem Imkerbund (DIB) in den letzten Jahren nach langer Zeit wieder gestiegen. Dies sind jedoch nur um Zahlen der organisierten Mitglieder des DIB. In früheren Jahren waren aus steuerlicher Problematik viele Bienenvölker nicht gemeldet.


Sind die Wildbienen bald ausgestorben?

Heute geht man von über 600 heimischen Wildbienenarten aus, von denen nur etwa 37 Prozent als ungefährdet gelten. Und auch die Masse an Wildbienen sinkt stark. Wildbienen sind meist alleinlebend und können bestimmte Verluste nicht kompensieren. Viele Arten haben sehr spezifische Ansprüche an ihren Lebensraum; also an Nistplatz, Baumaterial und Nahrungspflanzen. Der Wegfall von Lebensraum durch Flächenversiegelung ist dabei ein einflussreicher Faktor. Monokulturen und ausgeräumte Landschaften lassen viele Arten keine Nahrung mehr finden. Manche Wildbienen sind auf bestimmte Blütenarten angewiesen. Verschwindet die Wildbienenart, verschwindet ebenfalls die Pflanzenart. Zudem werden Insektizide im Zulassungsverfahren zwar auf Honigbienen, nicht aber auf Wildbienen getestet.

Flächenversiegelung kein Platz für Wildbienen
Flächenversiegelung kein Platz für Wildbienen

Vielfalt von Lebensmitteln
Bedrohte Vielfalt auch von Lebensmitteln.

Eine Bedrohung für die Menschheit

Der UN-Weltrat für Biologische Vielfalt (IPBES) warnt vor schweren Konsequenzen für die Nahrungsmittelsicherheit bei einem weiteren Rückgang von Bestäubern. Sie sind wirtschaftlich, sozial und kulturell wichtig. Fehlende Bestäubung könnte viele weltweite Krisen verschärfen und auslösen. Dabei kann langfristig der Schutz und Nutzen der Bienen dazu beitragen, Armut und Hunger zu verringern sowie eine gesunde Umwelt und Artenvielfalt zu erhalten. Um an die Bedeutung der Biene für die Menschheit zu erinnern, haben die Vereinten Nationen den 20. Mai als Weltbienentag ausgerufen.



Biene und Stadt sind ein echtes Dream Team!

Honigbienen in der Stadt zu halten hat sich mancherorts zu einem Trend entwickelt. Unser Ansatz geht aber weiter: Eine erfolgversprechende Strategie zur Rettung der Bienen ist das "Rückzugsgebiet Stadt". Denn hier können Bienen fast das ganze Jahr etwas Blühendes finden und hier werden kaum Pestizide eingesetzt. Für Wildbienen gilt es Lebensraum zu schaffen, monotone Grünflächen und Gärten artenreich und lebensfreundlich für Bienen & Co. fit zu machen. So können Lebensraum und Nahrungsangebot häufig mit wenigen Handgriffen geschaffen werden. Dadurch gelangt sogar noch ein Stück mehr Natur in die Stadt zurück; das tut Mensch und Biene gut.

 

eine Stadt
Die Stadt ein kleines Paradis für Bienen?

Löwenzahn-Blüte
Jede Blühte zählt!

Lass deinen Ort aufblühen!

Alleine in Frankfurt gibt es 1.400 wildwachsende Blühpflanzenarten und unzählige Zierpflanzen und Bäume in Gärten und Parks. Das schafft für spezialisierte Wildbienen gute Voraussetzungen. Da Wildbienen keine großen Strecken zurücklegen können, müssen blühende Bänder durch die Stadt verlaufen. Wir, die Blogger, berichten darüber, wie wir Bienen in der Großstadt unter dem Blickwinkel nachhaltiger Entwicklung beheimaten – und wir möchten mit anderen unsere Erfahrungen teilen.


Was können wir tun, damit es Bienen bessergeht?