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Pflanze des Monats: Echter Hanf (Cannabis sativa) - Die Lösung für das Bienensterben?

Pflegeleicht und reich an Pollen: Immer wieder preisen Forschende Hanf als Mittel gegen das Bienensterben an. Doch wie sehr nützt die umstrittene Pflanze den Bestäubern wirklich?

Hanf Plantage
Ein Feld voller Industriehanf.

Hanf-Plantagen statt blühende Wiesen!? Geht es nach den Erkenntnissen der Forschenden der Cornell University in New York, sollte in der Agrarlandschaft zukünftig mehr Hanf gepflanzt werden, um Bienen vor dem Aussterben zu bewahren. Die gelblich-grünen Blüten der Hanfpflanze blühen von Juni bis September. Es ist sein Pollen, der allerlei Bienen anlockt. 

Der Echte Hanf (Cannabis sativa) kann quasi überall wachsen: in Höhenlagen, im Tiefgebirge, vom Äquator bis zum Polarkreis. Dann erreicht die Pflanze in der Regel eine Höhe von mehreren Metern, manche Arten wachsen sogar bis zu hundert Meter. „Cannabis ist zweihäusig, das bedeutet, dass es sowohl männliche als auch weibliche Pflanzen gibt“, erklärt Christian Bourgeois, Initiator der Bienenretter-Initiative.


Expert:innen vermuten, dass Hanf die erste vom Menschen kultivierte Pflanze ist. Und sie ist vielseitig einsetzbar: Man kann sie für Arzneimittel, Kosmetik, Kleidung, Möbel oder sogar Dämmmaterial verwenden. Die bekannteste Nutzungsweise bleibt vermutlich der Konsum als Droge.

16 Bienenarten fliegen auf Cannabis

In einer Studie der New Yorker Cornell University von 2019 betonen die Forschenden die attraktiven Eigenschaften der Hanfpflanzen für Bienen im landwirtschaftlichen Raum. Bei verschiedenen Versuchen hat das Forscherteam herausgefunden, dass die männlichen Cannabis-Pflanzen von 16 verschiedenen Bienenarten besucht wurden.

 Das liege vor allem an dem hohen Pollengehalt. „Die männlichen Hanfpflanzen bilden sogenannte Pollensäckchen aus“, erklärt Bourgeois. Sobald die Pollensäckchen reif sind, platzen sie. Der Pollen verteilt sich dann über den Wind und bestäubt sowohl die weiblichen als auch die männlichen Hanfpflanzen.


Je höher die Pflanze wächst und je älter sie ist, desto mehr Bienenarten ziehe sie an – da trifft es sich gut, dass die männlichen Pflanzen besonders schnell und hoch wachsen. Für den Nektar der weiblichen Pflanzen interessieren sich die Bestäuber hingegen kaum – dabei enthalten gerade diese Pflanzen den THC-Wirkstoff sowie Cannabinoide, also die psychoaktiven Wirkstoffe, die auf den Menschen berauschend wirken.

Laut den Forschenden könnten die Hanfpflanzen zur „Aufrechterhaltung der Bestäubungsleistung für andere Kulturpflanzen in der Landschaft beitragen“. Mit dem zunehmenden Interesse an der Kulturpflanze empfehlen die New Yorker Wissenschaftler:innen, den ökologischen Wert im Hinblick auf das Bienensterben in Betracht zu ziehen. Ihre Forderung: Mehr Hanf-Plantagen im landwirtschaftlichen Raum.

Hanf-Blatt
Die Form der Blätter ist unverkennbar: Cannabis.

Kiffen für die Bienen?

Der Initiator der Bienenretter-Initiative Christian Bourgeois blickt kritisch auf die Aussagen der Forschenden aus den USA: „Die männlichen Hanfpflanzen enthalten zwar in der Tat viel Pollen, jedoch keinen Tropfen Nektar. Bienen brauchen aber beides“, betont er. Zudem gäbe es genügend alternative Pflanzen, die effektiver gegen das Bienensterben eingesetzt werden können. In Deutschland dürfen laut Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung nur die männlichen Hanfpflanzen angebaut werden, und das auch nur von Landwirt:innen. Für Privatpersonen gilt der Cannabisanbau als strafbar.

„Es gibt keine einzige Wildbienenart, die ausschließlich auf Cannabis-Pflanzen eine Koexistenz gebildet hat“, ergänzt Bourgeois. Die Priorität beim Pflanzen von Bienenweiden sollte deshalb eher bei solchen Arten liegen, auf die sich Wildbienenarten spezialisiert haben. Da Hanfpollen durch den Wind verteilt werden, ist eine Bestäubung durch Bienen nicht zwingend nötig. „Deshalb haben die Cannabis-Pflanzen auch von Natur aus eine weniger auffallende Erscheinung, keine bunten Blüten oder stark duftenden Nektar, wie es bei anderen Pflanzen der Fall ist“, erklärt Bourgeois.

„Das Argument der Ertragssteigerung auf angrenzenden Flächen zieht nicht wirklich, da Honigbienen eine starke Blütenstetigkeit aufweisen“, betont Bourgeois. Das bedeutet, dass diese Bestäuber gelernt haben, wo sie die beste Nahrung finden und diesen Pflanzen treu bleiben. Waren die ersten Besuche einer Pflanzenart erfolgreich, werden sie zukünftig diese Art bevorzugen und nicht spontan eine neue anfliegen.

 „Im Gegensatz zu Honigbienen fliegen Wildbienen zwar zum Teil unterschiedliche Pflanzengattungen an, doch der Pollen der Cannabis-Pflanzen wird keine anderen Pflanzenarten bestäuben“, erklärt der Bienenretter. Somit ist das Argument, Hanfpflanzen könnten zur „Aufrechterhaltung der Bestäubungsleistung für andere Kulturpflanzen“ beitragen, relativiert und stark entkräftet.

Schaden tue der Anbau der männlichen Hanfpflanzen der Biene zwar nicht, dennoch sei es problematisch, sich eine „heilige“ Pflanze auszuwählen, die nun die Lösung für das Bienensterben sein soll. „Der gewünschte Effekt kann mit vielfältigen, regionalen Blühmischungen viel effektiver umgesetzt werden“, betont Bourgeois. Zum Beispiel mit einer Blühmischung der Bienenretter Manufaktur.

Text: Elisa Kautzky

 


Zur Pflanze des Monats: Jeden Monat stellen wir euch eine Pflanze vor, die typisch für die Zeit ist und von der ihr vielleicht gar nicht wusstet, wie viel sie - gerade Insekten - zu bieten hat.