In der französischen Hauptstadt haben die Bürgerinnen und Bürger im März darüber abgestimmt, ob 500 Straßen begrünt und autofrei werden sollen. Die Mehrheit stimmte mit ja. Eine Chance für die biologische Vielfalt!

Direkt vor dem Hôtel de Ville, dem Pariser Rathaus, entsteht ein Mini-Wald. Noch schwenken Bagger ihre Arme, Bauzäune stehen, Schubkarren liegen herum. Doch zwischen Erdhügeln sprießen schon erste Bäume, Farne und Sträucher.
Wo früher Beton den Boden versiegelte, kommt jetzt Erde zum Vorschein. Regen kann wieder einsickern, neues Leben blühen. Bis zum Sommer sollen 50 Bäume wachsen – Eichen, Hainbuchen und mehr. Sie bringen Schatten, kühlen die aufgeheizte Stadt und schenken Paris ein Stück Natur zurück. Denn Asphalt und Beton gibt es hier schon genug.
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo plant in der französischen Hauptstadt eine groß angelegte Verkehrswende, die zugleich dem Klimaschutz dient. Neben neuen Fahrradwegen und Tempolimits sollen die Straßen nun auch grüner werden. In einem Bürgerentscheid Ende März haben die Pariserinnen und Pariser nun über eine wichtige Entscheidung abgestimmt: Soll es künftig 500 weitere autofreie, begrünte Straßen in Paris geben? Die Mehrheit sagte: Ja. Erstmals durften auch Jugendliche ab 16 Jahren bei dem Bürgerentscheid mitbestimmen.
300 Meter bis ins Grüne
Das Ziel: Niemand soll weiter als 300 Meter vom nächsten grünen Weg entfernt wohnen. “So ähnlich wie das Konzept der 15-Minuten-Stadt, nur auf die Natur bezogen”, sagt Christian Bourgeois vom Projekt Bienenretter. Expert:innen prüfen derzeit in Paris, welche Straßen sich für die Begrünung eignen. Im Vergleich zu anderen Metropolen wie Berlin, Wien oder London ist Paris bisher deutlich grauer – hier dominiert nach wie vor das Auto, Fußgänger:innen und Radfahrer:innen haben deutlich weniger Platz.
Nicht nur für die Gesundheit der Pariser:innen, auch für die biologische Vielfalt wären autofreie, begrünte Straßen eine große Chance. “Die Stadtbienen würden sich sehr über ein paar Blühpflanzen freuen. Vielleicht motiviert das Projekt ja die Pariser:innen, auch ihre eigenen Balkonkästen zu bepflanzen. Jede Blüte zählt!”, sagt der Bienenretter.
Bourgeois hofft, dass sich der Trend der autofreien, grünen Straßen auch in Deutschland durchsetzt. So wie das oft bei Trends aus Großstädten wie Paris der Fall ist. Der Hype der Stadtimkerei sei unter anderem inspiriert worden vom französischen Imker Jean Paucton, der in den 1980ern Bienenvölker auf das Dach der Opéra Garnier in Paris stellte - eine Sensation! Doch erst in den 2000ern wurde er vermehrt in internationalen Medien erwähnt. “Einige Jahre später haben sich das dann auch deutsche Imker:innen abgeguckt”, erzählt Bourgeois.
Grüne Inseln verbinden

Autofreie, begrünte Straßen schenken uns nicht nur frische Luft und mehr Lebensqualität, sie kühlen auch das Klima und schaffen neue Lebensräume für Tiere und Insekten. In der Stadt sind grüne Flächen oft wie kleine Inseln im Meer aus Asphalt und Beton. Für Insekten bedeutet das: Nahrung gibt es zwar, doch der Weg von einer Blühwiese zur nächsten ist oft unmöglich. Häuser, Straßen und versiegelte Flächen schneiden ihre Wege ab.
“Gerade Wildbienen können nicht so weit fliegen und müssen gut abwägen, für welche Strecke sie ihre Tankfüllung an Nektar verwenden”, sagt Bourgeois. Begrünte Straßen, kleine Parks, Blühstreifen und bepflanzte Dächer schaffen hingegen benötigte Schutzräume – und noch wichtiger: Sie verbinden die grünen Inseln miteinander. So wächst ein lebendiges Netz aus Grün, auf dem Insekten sich ausbreiten und leben können.
Zusammenarbeit und Geduld
In Frankfurt steckt man mit der Entsiegelung noch in den Kinderschuhen. “Entsiegelung oder vielmehr die Umgestaltung öffentlicher Räume erfordert eine gute Zusammenarbeit und viel Geduld zwischen Kommunen und lokalen Akteuren, da es bisher kaum Prozesse und Zuständigkeiten gibt”, sagt Marlene Haas von der Initiative “Lust auf besser Leben!”, die ein Projekt zur Entsiegelung in Frankfurt (Main) begleitet hat.
"Die Einbindung von Ehrenamtlichen in die öffentliche Grünpflege ist recht neu und in Anbetracht klammer Kassen und steigender Anforderungen durch Klimawandelfolgen unserer Ansicht nach unerlässlich - es fehlen aber Schnittstellen zwischen Ehrenamt und Verwaltung und ein Verständnis für die jeweiligen Prozesse, vor allem aber Vertrauen, Wertschätzung und eine Fehlerkultur."
In Paris entsteht gerade eine große Dynamik zum Umbau der klimaresilienten und grünen Stadt, vielleicht schauen sich die Deutschen auch dieses Mal wieder etwas aus der Stadt der Liebe ab.
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